Der Beitrag von Rechtsanwältin Anja Przybilla wurde auf dem Agenturenblog Sputnika am 08.04.2014 veröffentlicht.)
Sputnika: Ein Freelancer hat einen Kalender für 2014 mit seinen aufwendigen Figuren-Designs im letzten Jahr bei einer Druckerei drucken lassen. Er hat nun erfahren, dass die Druckerei „Belegexemplare“ zum Ende des Jahres als kostenfreie Give-aways verteilt hat. Er ärgert sich sehr darüber und überlegt nun, ob er da rechtlich was machen kann. Geht das oder geht das nicht?
TPS: Natürlich ist es immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig, ob Ansprüche geltend gemacht werden können. Aber es klingt zunächst danach, als ob er Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz aufgrund einer Urheberrechtsverletzung geltend machen könnte.
Aha, wann könnte er denn Ansprüche wegen einer Urheberrechtsverletzung geltend machen?
TPS: Erste Voraussetzung wäre, dass der Kalender ein urheberrechtlich geschütztes Werk ist. Wenn er von Figuren-Designs spricht, sind das Werke der bildenden Kunst und wenn diese auch noch „aufwendig“ gemacht sind, handelt es sich vermutlich um persönliche geistige Schöpfungen. Dann spricht man landläufig davon, dass Werke die notwendige Schöpfungshöhe erreichen. Zweitens müsste die Druckerei die Kalender urheberrechtlich verwertet haben. Von den im Urheberrechtsgesetz (UrhG) aufgezählten Verwertungshandlungen kommen hier die Vervielfältigung und die Verbreitung in Betracht. Das Drucken der Kalender ist eine klassische Vervielfältigung. Das Verteilen an Dritte ist eine Verbreitung, da mindestens ein Vervielfältigungsstück aus der internen Betriebssphäre der Öffentlichkeit zugeführt wurde. Und zum Schluss muss die Verwertung wie es das UrhG so schön formuliert „widerrechtlich“ geschehen sein. Das heißt, die Druckerei hat ohne Erlaubnis des Urhebers gehandelt und es besteht auch keine gesetzliche Nutzungserlaubnis, die man Schranke des Urheberrechts nennt. Die wohl bekannteste Schranke ist die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – also die Privatkopie. Aufgrund des von dir geschilderten Sachverhalts sehe ich hier keine Schranke, die das Verteilen legitimieren würde.
Dann handelt die Druckerei beim Verteilen der Belegexemplare also widerrechtlich?
TPS: Das kann man so pauschal nicht beantworten, da das davon abhängt, was bei Auftragserteilung vereinbart wurde. Sofern in den AGB der Druckerei geregelt ist, dass ihr Belegexemplare zustehen, darf sie diese drucken, aber natürlich nicht als Werbegeschenke verteilen. Die Bezeichnung Belegexemplar beschränkt somit die Nutzungsmöglichkeiten der Kalender. Diese darf die Druckerei nur Kunden als Beleg für die Qualität der Druckarbeit zur Verfügung stellen. Ein kostenfreies Verteilen an Dritte als Werbegeschenk geht weit über die inhaltliche Beschränkung des eingeräumten Nutzungsrechts hinaus und verstößt damit gegen das Urheberecht. Es ist aber auch möglich und rechtlich durchaus zulässig, dass sich eine Druckerei das Recht einräumen lässt, Drucksachen auch als Give-aways verteilen zu dürfen.
Und was kann der Freelancer nun dagegen unternehmen?
TPS: Er kann die Druckerei abmahnen, sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern und ggf. die Kosten des beauftragten Anwalts erstattet verlangen. Sofern noch keine ausreichenden Beweise für den Verstoß vorliegen, müssen diese besorgt werden. Sollte dann die Unterlassungserklärung nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang abgegeben werden, wäre der nächste Schritt, entweder eine schnelle gerichtliche Entscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes herbeizuführen oder im Wege einer sog. Hauptsacheklage den etwas langwierigeren Weg zu gehen. Schadensersatz kann nur geltend gemacht werden, wenn der Verstoß schuldhaft gegangen wurde. Liegt das vor, könnte als Berechnungsgrundlage der Tarif „Kalender“ der VG Bild und Kunst herangezogen werden. Dort sind zum Beispiel Lizenzgebühren in Höhe von 179,00 Euro (netto) für den Druck auf einer Seite in einem A 5 Handelskalender bei einer Auflagenhöhe von max. 1000 Stück vorgesehen.
Kann er sich beim Drucken der nächsten Kalender gegen so was schützen?
TPS: Als Absicherung könnte er sich von einer Druckerei mit Abschluss des Druckauftrags ein Vertragsstrafeversprechen unterschreiben lassen. Inhalt wäre, dass sich die Druckerei verpflichtet, eine Vertragsstrafe zu zahlen, wenn sie in welcher Form auch immer gegen sein Urheberrecht verstößt. Das kann die Druckerei natürlich nicht daran hindern dies doch zu tun, aber es wirkt abschreckend und die Geltendmachung seiner Ansprüche ist einfacher. Geht das nicht, sollte er sich vertrauensvolle Vertragspartner suchen und natürlich den Druckauftrag oder die AGBs gründlich lesen, um böse Überraschungen zu vermeiden.